Sachverständiger für Immobilienbewertung

Der Werteinfluss von Altlasten

Grundsätzlich sind bei der Wertermittlung von Immobilien die Bodenbeschaffenheiten (§ 2 (3) lit. 9 ImmoWertV 2021) zu berücksichtigen. Zu den Beschaffenheiten gehört selbstverständlich auch die Kontamination des Bodens oder der Bausubstanz mit schädlichen Stoffen oder der begründete Verdacht auf eine solche Altlast. Es steht außer Frage, dass allein der begründete Verdacht den Wert eines Grundstückes erheblich beeinflussen kann. Der häufig in Gutachten zu findende Hinweis: „Altlasten wurden nicht geprüft/ berücksichtigt“ ist deshalb grundsätzlich nicht zu akzeptieren! Ohne eine solche Prüfung ist das Ergebnis einer Immobilen-Wertermittlung nicht als „Verkehrswert“ zu qualifizieren, da eine wesentliche wertbeeinflussende Komponente möglicherweise nicht berücksichtigt wurde.

Der BGH hat entgegen dieser nicht unüblichen Praxis in einem Zwangsversteigerungsverfahren festgestellt (V ZB 142/05 vom 18.05.2006) dass wenn bei einem Grundstück ein ernstzunehmender Altlastenverdacht besteht, das Vollstreckungsgericht bei der Verkehrswertermittlung den Verdachtsmomenten nachgehen und alle zumutbaren Erkenntnisquellen über die Bodenbeschaffenheit nutzen muss.

Der Immobilien-Sachverständige kann solche Untersuchungen in der Regel nicht selbst durchführen, sondern muss sich im Einvernehmen mit den Parteien bzw. dem Auftraggeber fachlichen Rat und Hilfe bei hierfür qualifizierten Umwelt-Instituten und Ingenieuren holen. Die Kosten solcher qualifizierten Untersuchungen und der sich daraus ergebenden Maßnahmen können beträchtlich sein und den Wert des Grundstücks deutlich überschreiten. Ein verantwortungsvoller Umgang mit der Thematik und eine frühzeitige Zusammenarbeit der beteiligten Fachleute ist deshalb besonders gefragt.
Eine erste Prüfung sollte der Einblick in das heute flächendeckend bestehende Altlastenkataster bei den Landratsämtern darstellen. Hier sind in flächendeckenden Untersuchungen zunächst wertungsfrei die sogenannten „Altstandorte“, also Verdachtsflächen aufgrund früherer oder aktueller Grundstücksnutzungen markiert. Teilweise bestehen auch auf Grundlage nachfolgender Detailuntersuchungen bereits Aussagen zu den verwendeten Stoffen, die einen Hinweis auf die Schädlichkeit der möglichen Einträge in Boden und Bausubstanz für Mensch und Umwelt (den sogenannten “Wirkungspfad”) geben.

Das für diesen Sachverhalt maßgebende Gesetz ist das Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) vom 17.03.1998 und die ergänzenden länderspezifischen Verordnungen.

Kann ein Grundstückseigentümer aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen für die Beseitigung einer schädlichen Bodenkontamination nicht in Anspruch genommen werden, so ist das zuständige Umwelt- bzw. Wasserwirtschaftsamt in bestimmten Fällen zur Gefahrenabwehr berechtigt. Es kann dann die Sanierung auf Kosten der öffentlichen Hand im Wege der Ersatzvornahme veranlassen. Soweit dadurch das Grundstück einen Wertzuwachs erfährt (Wieder-in-Wert-Setzung) kann dieser Wertvorteil bis zur Höhe der entstandenen Kosten nach § 25 BBodSchG abgeschöpft werden.